Das Fasten ist die Speise der Seele.

Noch nie habe ich so intensiv den Ramadan erlebt wie zur Zeit. In unserem Haus leben neue Mieter. Sie sind Anhänger des Islamischen Glaubens und sind jetzt im Ramadan (sagt man das so? Ist man im Ramadan, hat man den Ramadan, lebt man den Ramadan?)
Dass das an die Nerven geht, merken wir Mitbewohner jeden Nachmittag. Denn da wird es in der Wohnung laut und das sonst so ruhige freundliche Ehepaar entpuppt sich als streitende Individuen. Ich warte auf den Tag, an dem die ersten Gegenstände durch die Gegend fliegen. Aber irgendwann durchzieht ein lieblicher Essensgeruch das Haus und schlagartig wird es auch in der Wohnung still.

Von Freunden, die sich gerade ebenfalls in der Fastenzeit befinden, weiß ich, dass es mit der Zeit an die Substanz geht und die Nerven irgendwann blank liegen. Das ist bei meinen Mitbewohnern auf jeden Fall so. Also das mit den blank liegenden Nerven und die damit verbundene sehr niedrige Reizschwelle. Was ich wiederum lustig finde, weil das Fasten ja nicht nur das Nichtessen beinhaltet, sondern die geistige Reinigung ebenfalls dazu gehört. Aber wer weiß – vielleicht ist das Streiten der beiden ihre Art der Reinigung?
Leider kann ich sie dazu nicht befragen, denn die Frau ist des Deutschen nicht mächtig und eine Kommunikation geht über das „Guten Tag“ im Treppenhaus nicht hinaus. Da schauen mich 2 Augen aus dem sonst tief verschleierten Gesicht an und die sehen immer ängstlich aus. Kein Wunder – sie befindet sich in einer fremdem Welt, versteht kein Wort und die Frauen wohnen allein und rennen dann auch noch halb nackt durch die Gegend …

Meinem Magen muss ich abends sagen, dass es jetzt nicht Essenszeit ist. Wenn ich mich in mein Zimmer zurück ziehe und ans Schlafen denke, ziehen die köstlichsten Gerüche durch das Fenster. Ihre Küche befindet sich genau unter meinem Fenster. Das ist so gemein. Und da wird dann gebrutzelt und gebacken und geschmort und man kann erahnen, was für Köstlichkeiten unter mir zur Nacht aufgetischt werden.

 

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