„Lebe bewusst, nicht emotional“ – das war meine heutige Teebeutelbotschaft. Aber was soll mir das sagen?
Vielleicht, dass wir nicht sofort und automatisch auf die jeweiligen Umstände reagieren, sondern selbst entscheiden, in welcher Stimmung wir sein möchten.
Wir sind Wesen voller Emotionen und sicherlich ist es euch schon mal passiert, dass Ihr in bestimmten Situationen aus der Sicht eurer Umwelt völlig überzogen reagiert habt und ihr selbst im Nachhinein über diesen Gefühlsausbruch verwundert wart.
Darüber hatte ich neulich einen schönen Text gelesen. Die Autorin sprach darin von einem emotionalen Rucksack, den jede*r von uns mit sich trägt. In diesem Rucksack landen all die Lebenserfahrungen, die zu dem Zeitpunkt, in der wir sie erlebten, zu überwältigend für uns waren und die wir daher nicht fühlen konnten oder wollten. Allerdings warten unsere Emotionspäckchen nicht einfach ruhig in ihrer Ecke, bis wir uns Zeit für sie nehmen, sondern melden sich, wenn sich etwas ähnlich anfühlt wie die gespeicherte Erfahrung. Aus ihrer Sicht ist das die Gelegenheit, endlich gefühlt zu werden. Und dann kommt es zu eben solchen seltsamen Ausbrüchen, die unsere Umwelt und auch wir überhaupt nicht verstehen und nachvollziehen können. Deshalb sollten wir uns die Zeit nehmen, um diesen Rucksack bewusst zu öffnen und zu verarbeiten.
Vielleicht ist gerade jetzt die Zeit angebrochen in den Rucksack zu schauen, darin herum zu kramen und sich dem ein oder anderen Gefühl zu stellen.
Tut mir leid. Ich kann mit dem besagten Spruch so rein gar nichts anfangen. Ich würde ihn sogar eher so verändern: lebe emotional und bewusst. Alles andere geht für mich sonst zu sehr in Richtung mangelnder Leichtigkeit, mangelndem Humor, mangelnder Authenzität und übertriebener Selbstkontrolle. Ich denke, es hat viel mit Gottvertrauen zu tun, wenn man sich zutrauen kann, mit seinen Gefühlen angemessen umzugehen. Es bedarf dann weder einer Analyse, noch einer Kontrolle.
Das eine schließt das andere nicht aus. Es gibt nicht das eine oder das andere. Es gibt ein zu viel oder zu wenig. Jedenfalls habe ich das so für mich interpretiert.
Diese Teebeutel-Mantras sind nicht gerade tiefsinnige buddhistische Lebensweisheiten, sondern mehr so Pseudo-Weisheiten. Aber wenigstens sind sie widersprüchlich, so dass jeder sich das raussuchen kann, was ihn am meisten anspricht. 😉
Gerade den hier genannten Spruch finde ich sehr gut gelungen.
„Nicht emotional leben“ bedeutet nicht, dass mein keine Gefühle hat, sondern dass man sich von ihnen nicht beherrschen lässt. Im Buddhismus gelten Emotionen als etwas, mit dem man sich nicht identifizieren soll. Emotionen (auch ‚besitzergreifende‘ Formen von Liebe) sollen gefühlt werden, damit sie vergehen können und nicht „anhaften“.
Übrig bleibt dann die universelle Liebe (nicht die erotische oder romantische!), die unterschiedslos alle Lebewesen einschließt und in umfassendem Mitgefühl mündet. Im Grunde ist dies dann keine Emotion mehr, sondern eine Geisteshaltung, weil diese Liebe frei von Objekten und äußeren Umständen ist. – Diesen Zustand nennt man gemeinhin „Erleuchtung“.
Ich verstehe diese Teebeutelsprüche ebenfalls als eine Anregung zum Nachdenken und weniger als eine tiefsinnige Lebensweisheit.
Danke für Deine Ausführung – eine schöne Erklärung.