Als Kind zu meiner Oma zu fahren, fand ich immer klasse. Sie wohnte auf dem Dorf in einem eigenen großen Haus mit vielen Zimmern. Zumindest war das die Sicht eines Kindes. Jetzt weiß ich, dass es eine Haushälfte war und die Anzahl der Zimmer eher gering. Die Küche war riesig, mit einem großen Tisch in der Mitte, einem Fenster zum Hof und einer Kochmaschine, die immer geheizt wurde und auf der meine Oma und alle anderen Frauen im Haus kochten.
Zu diesem Haushalt gehörten Katzen. Meine Oma redete mit den Katzen und das fand ich als Kind urkomisch. Man stelle sich das ganze Szenario aus der Sicht eines Stadtkindes vor: Da steht diese kleine grauhaarige Frau in der Tür zum Hof und ruft laut „Muschi Muschi, Muschi, komm her, Muschi, Muschi, Muschi!“ Hab ich das richtig gehört? Meine Oma brüllt quer über den Hof das Wort Muschi? Das führte, wie der geneigte Leser sich vorstellen kann, zu Gelächtern unter uns Kindern. Hey, die hat Muschi gesagt, hahahahahahah….
Wenn die Katzen dann kamen, kraulte sie ihnen den Kopf und redete mit ihnen. Denkt sie wirklich, dass die Katzen verstehen, was sie da vor sich hin murmelt? Ich fand das reichlich albern. Ja, die Katzen waren irgendwie niedlich, aber die verstehen doch nicht, was die Oma ihnen erzählt.
Jahre später stehe ich auf meinem Hof, rufe nach meiner Katze (nein, ich rufe nicht Muschi), kraule ihr den Kopf und rede mit ihr. Ich werkele im Garten umher, die Katze liegt daneben und ich „unterhalte“ mich mit ihr.
Am Wochenende ist mir das erstmals bewusst geworden – ich bin meine Oma. Ich rede mit meiner Katze.