Solange mein Rad in der Reparatur ist, kann ich das Dienstfahrrad nutzen. Es fährt toll – besser als mein eigenes. Allerdings hat es – im Gegensatz zu meinem Rad – eine Querstange. Alles kein Problem – lässig absteigen so mit Bein über den Sattel geschwungen kann ich und ich bilde mir ein, dabei eine gute Figur zu machen.
Dienstag zur Orchesterprobe war ich mit besagtem Rad unterwegs. Links und rechts die vollen Fahrradtaschen und auf dem Rücken die Posaune – das Rad und ich waren gut ausgelastet.
Am Probenort angekommen, bremste ich leicht ab und wollte so lässig und elegant das Bein über den Sattel schwingen, um abzusteigen. Leider blieb mein Bein am Notenständer hängen, der aus Größengründen weit aus der Fahrradtasche heraus schaute. Also versuchte ich es nochmal mit dem geschwungenen Bein – diesmal warf ich es etwas höher, um den Notenständer zu überwinden. Leider stieß ich wieder dagegen. Mittlerweile trudelte das Rad so leicht vor sich hin und kontinuierlich auf den Fahrradständer zu. Ich sah mich schon fallen und mein Hirn ging in Bruchteil der Sekunden durch, was ich wie schützen müsse, um den Aufprall zu überstehen. Ein letzter Versuch: der Schweiß rann mir von der Stirn, ein Schrei steckte in der Kehle fest: wie eine Leistungsturnerin warf ich das Bein hoch in die Luft und kam gerade am störenden Notenständer vorbei, schaffte rechtzeitig den Absprung und brachte das Rad Millimeter vor dem Fahrradständer zum Stehen.
Döste ich auf dem Weg zur Probe so vor mich hin und überlegte, wie ich die nächsten zwei Stunden konzentriert über die Bühne bekomme, stellte sich nach dieser Aktion die Frage nicht mehr: mein Körper war von Adrenalin durchflutet.