Nachdem der so entscheidende Brief aus Indien nicht angekommen ist, wir aber am Montag den Inhalt benötigen, hatte ich mich im Netz auf die Suche nach Ersatz gemacht und wurde tatsächlich fündig.
Nach der Arbeit habe ich mich mit dem Teenager ins Auto gesetzt und wir fuhren Richtung Laden, der das Gewünschte hat. Laut Karte in 40 min zu schaffen – na, das sollte doch kein Problem sein. In meiner jugendlichen Naivität bildete ich mir ein, dass die Leute ohnehin in irgendwelchen Lokalitäten sitzen, um sich das Fußballspiel anzusehen – die Stadt sollte doch spielend zu durch fahren sein. Ganz so war es nicht – abgesehen von den Baustellen, die sich nach jeder 2. Kreuzung wie aus dem Nichts vor uns auftaten, waren Unmengen Touristen unterwegs, die ziellos bummelnd noch schnell über die Straße huschten. Ständig war ich gezwungen, wegen gesperrter Straßen, Umwege zu fahren. Die Dame in meinem Navigationsgerät wurde langsam hysterisch und wiederholte Gebetsmühlenartig „wenn möglich, bitte wenden, wenn möglich, bitte wenden“ .
Am Nordbahnhof, Ecke Bernauer Straße habe ich dann die Beherrschung verloren und schimpfte laut auf die Touris, die nicht wissen wo es lang geht und ihr Auto ja gleich um die Ecke tragen können, wenn sie noch langsamer fahren. Der Teenager neben mir verkroch sich im Sitz, fasste meinen Arm und versuchte ruhig auf mich einzureden.
Ich sah auf die Uhr und die Zeit schritt unaufhörlich voran. Nur bis 18 Uhr hatte der Laden geöffnet. Nachts war der Restweg wahrscheinlich in 10 min zu schaffen – gestern bei gefühlten 40 Grad und entsprechend aufgeheizter Stimmung in der Stadt, war alles verlangsamt. Irgendwann waren wir auf der Müllerstraße und der Verkehr lief. Wir sahen schon unser Ziel, da geschah es: genau vor uns ein Unfall. Ein PKW rammte einen Linienbus. Das sind dann Dinge, die einem keiner glaubt. „Entschuldige bitte, dass ich zu spät komme. Genau vor mir gab es einen Unfall. Ein PKW hat einen Bus gerammt.“ Ja klar.
Ich bog an der Kreuzung ab und gab noch mal alles. 10 Minuten hatten wir noch Zeit. Ich quäle mich doch nicht durch die Stadt, um am Ende vor verschlossener Tür zu stehen. Der Teenager meinte nur, er hätte keine Lust mehr, wir sollten wieder umkehren, ist ja nicht mehr zu schaffen. Ich wurde ungehalten und brachte Muttisprüche wie: Was meinst Du denn, für wen ich das hier alles mache? Denkst Du ich fahre zu meinem Vergnügen durch die (an dieser Stelle sollte sich der geneigte Leser jede Menge Kraftausdrücke rein denken. Aus Gründen der Zensur muss ich sie weglassen) Stadt?
Wir kamen auf dem Gelände an: es war riesig und nirgends ein Schild. Wir irrten hilflos umher. Ich fragte irgendwann einen jungen Mann, ob er wüsste wo das Lager sei. Ja, meinte er, er arbeite da und es sei gleich hier und einer ist noch oben und schließe gerade alles ab. Ich stieg aus dem Auto, stürmte die Treppen hoch, riss die Tür auf in dem Moment, wo die freundliche Mitarbeiterin gerade abschließen wollte. Ich flehte sie an, uns doch noch zu bedienen, es sei unheimlich wichtig, wir bräuchten das Produkt für ein Fest und nun sind wir durch die Stadt geirrt und da gab es einen Unfall mit einem Bus und wir haben ewig auf dem Gelände gesucht und wir wissen auch, was wir wollen…
Kurz: sie bediente uns, wir fanden, was wir benötigten, ich drückte ihr das Geld in die Hand und war glücklich und zufrieden.
An dieser Stelle tausend Dank an die nette Dame vom Indischen Basar, die extra für uns noch mal aufgeschlossen hat und die wirres Zeug vom Busunfall und Umwege und keine Ausschilderung stammelnde Frau freundlich bediente!