Ein Buch kann nie mehr sein als der Abdruck der Gedanken des Verfassers. (Schopenhauer)

Der Teenager muss im Augenblick im Deutschunterricht Gedichte interpretieren. Neulich las ich mir einen Aufsatz von ihm durch und musste schon schmunzeln. Da steht auf dem Arbeitsblatt ein kleines Gedicht von 8 Zeilen und der Aufsatz besteht aus insgesamt 10 eng beschriebenen Seiten. Und da wird interpretiert und dem Dichter unterstellt und nachgesagt, was das Zeug hält.  Dass, was der Teenager schrieb, war durchaus plausibel und vielleicht hatte der Dichter so oder so ähnlich gedacht. Nur denke ich immer, dass der Dichter einfach nur seine Gedanken und Gefühle zu Papier gebracht hat. Sicherlich war es nicht dazu bestimmt, dass wir einige Jahre später es auseinander nehmen und interpretieren und Sachen reinlegen, an die der Verfasser vielleicht gar nicht gedacht hat. Er wollte Emotionen und Gedanken los werden. Oder glaubt ihr, dass Schiller, Goethe oder Heine beim Niederschreiben ihrer Gedanken an die zahlreichen Schülergenerationen dachten, die ihr Geschriebsel mal – bis hin zu den Leerzeichen in den Zeilen – auseinander nehmen müssen?

Im Abitur hasste ich es, Gedichtinterpretationen zu schreiben. Noch viel schlimmer – Bilder zu beschreiben und zu interpretieren. Frei nach dem Motto: Was will uns der Künstler damit sagen? Na was weiß denn ich? War ich dabei? Weiß ich denn, was er gerade getrunken oder geraucht hat, als er das Gedicht schrieb oder das Bild malte? Aber sicherlich werden meine Enkel noch in der Schule Gedichte ausgiebig interpretieren und zerpflücken. Versteht mich nicht falsch: ich mag es, über Gedichte zu reden, sich darüner auszutauschen. Aber bitte keine ellenlangen Aufsätze und das Zerreden der schönen Worte und Gefühle.

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