Werden aufgeräumte Zimmer überbewertet? Ist der Zustand des eigenen Zimmers der Spiegel des Inneren?
Diese und andere Fragen, rund um das Thema Aufräumen, ergaben sich gestern Abend und ich wurde gebeten, dazu einen Beitrag zu verfassen.
Gleich zu Anfang muss ich die Frage aller Fragen stellen: was ist denn ein aufgeräumtes Zimmer? Ist die Definition nicht bereits schwierig?
Wenn ich jemanden, der alles auf Kante liegen hat und bei dem es septisch ist, in mein Zimmer führe, wird er die Hände über den Kopf zusammen schlagen. Ein Anderer findet es vielleicht gemütlich.
Fühle ich mich wohl? Das sollte wohl an oberster Stelle stehen. Und da gibt es verschiedene Herangehensweisen. Der Teenager platziert alles um sein Bett herum – da kommt es schon mal vor, dass die dreckigen Socken neben dem Teller mit Essensresten von vor einer Woche liegen. Ich kann mich jetzt darüber auslassen und Schimpftiraden los schicken – aber es ist nicht mein Reich. Er scheint sich wohl zu fühlen. Ab und zu hole ich diverses Geschirr aus dem Raum (wenn mal wieder Tassenknappheit droht) und das wars.
Es stimmt natürlich auch, dass ein aufgeräumtes Zimmer einem wirren Kopf gut tut. Wenn ich besonders kopflastig bin, fange ich an aufzuräumen. Das sture Zusammenlegen von Wäsche und einsortieren in den Schrank beruhigt mich. Meinen Schreibtisch räume ich frei, wenn ich eine schwierige Arbeit zu bewältigen habe. Da stört mich Ablenkung enorm. Und da kann es schon sein, dass ein falsch abgelegter Stift mich nervös macht.
Der Bruder hat früher jeden Samstag sein Zimmer aufgeräumt – alles wurde dafür in den Flur gestellt , damit er ausgiebigst saugen und wischen konnte. Was für ein Aufwand. Und wehe, man hat etwas in seinem Zimmer angefasst – dann gab es Ärger! Ich war schon froh, wenn der Weg zum Bett frei war und ich meine Klamotten gefunden habe. Von daher sehe ich in die Zimmer der Teenager und denke – ja, es sind meine. (Obwohl ich als Mutter natürlich schon versuche, was anderes vorzuleben.)
Das alles beantwortet nicht die Frage, ob der Zustand des eigenen Zimmers den Zustand der Seele widerspiegelt. Entscheidet selbst. Und wenn doch, dann gibt es die strukturierten und vielleicht etwas langweiligen Seelen und die liebevoll chaotischen.
P.S. Aus verständlichen Gründen habe ich heute auf ein Foto verzichtet, obwohl genügend Material vorhanden gewesen wäre…
Wir alle leben und bewegen uns in einer Art mentalen Weltmodell, einem Kontext, der in unserem Kopf existiert. Je näher das, was wir außerhalb unseres Kopfs wahrnehmen, an dem ist, was wir im Kopf mit uns führen, desto größer ist der subjektive Wohlfühlfaktor. Dieses Modell ändert sich dauernd. In der Pubertät wohl sehr viel dynamischer, als davor und danach. Vielleicht auch im Alter wieder. Ich vermute es jedenfalls.
Was ich sagen will: Seele ist etwas, das ich nicht begrifflich fassen kann. Aber eine innere Repräsentation ist definitiv bestimmend bei der Orientierung in aber auch bei Gestaltung von Räumen. Zusammenleben hängt kritisch davon ab, ob das je eigene Wohlfühlen mit dem des oder der Anderen Schnittmengen bildet. Bei der Partnerin, beim Partner etwas, das aktiv ausdiskutiert werden will. Bei Kindern auch etwas, das naturgemäß befristet ist.
Schöne Beobachtung. Machen wir hier auch 🙂
„Seele“ war jetzt nicht der Begriff meiner Wahl, aber mir ist nichts Vergleichbares eingefallen.
Ich bin aus Deinen genannten Gründen für Zimmer für jeden. Da kann man sich so ausleben/einrichten/bewegen, wie es einem gefällt. In den Gemeinschaftsräumen sollte es schon eine Verständigung auf einen Zustand geben, mit dem alle gut Leben können. Auch das nicht immer einfach im Zusammenleben und oft genug Zündstoff im Zusammenleben, aber machbar.