Das mit der Erinnerung hat unser Kopf seltsam eingerichtet. Unser Gedächtnis filtert sehr stark. Dabei denke ich gar nicht so sehr an die großen geschichtlichen Ereignisse. Vielmehr sind es die Dinge im privaten Umfeld.
Wenn ich mich mit meinen Geschwistern über unsere Kindheit unterhalte, frage ich mich so manchmal, ob wir dieselben Eltern hatten und im selben Haushalt groß geworden sind. Wir alle haben an bestimmte Ereignisse komplett andere Erinnerungen und auch unsere Sichtweisen und Beurteilungen könnten unterschiedlicher kaum sein.
Manchmal bedaure ich es, dass es nicht einen einzigen Bereich im Hirn gibt, in der all unsere Erinnerungen und Erlebnisse gespeichert sind. Wie praktisch wäre das! Wenn ich vor einer Entscheidung stehe, greife ich in den Erinnerungstopf und hole die entsprechende Erfahrung heraus und würde so nicht immer wieder dieselben Fehler begehen. Einmal kurz alles Revue passieren lassen und schon komme ich zur richtigen Entscheidung. Leider ist das alles komplexer und viele unterschiedliche Areale in unserem Gehirn sind für die vielen Erinnerungen zuständig. Einige sind leichter abzurufen, als andere. Denkt nur an den Spruch, dass wir einmal Gelerntes (wie etwa Fahrrad fahren) nicht verlernen.
Aber stellt Euch vor, es gäbe so etwas wie den Erinnerungstopf – all die vielen Ratgeber für unser Leben wären plötzlich überflüssig. Schließlich hätten wir immer unser Wissen und die mühsam gemachten Erfahrungen auf einen Haufen. Andererseits würden wir dann durchdrehen – bei all dem Mist, den wir im Laufe unseres Lebens erleben und über uns ergehen lassen müssen, ist dieses Vergessen ein sinnvoller Schutz unseres Seelenheils.